„Über Geld spricht man nicht.“ Diese Aussage ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt und spiegelt die allgemeine Zurückhaltung wider, wenn es darum geht, über Gehälter und finanzielle Angelegenheiten zu sprechen. Doch in den letzten Jahren hat sich die Diskussion um das Thema Gehaltsangabe in Stellenanzeigen verschärft.
„Insbesondere das Entgelttransparenzgesetz hat diese Debatte befeuert und Unternehmen dazu veranlasst, ihre Einstellungspraktiken zu überdenken.“
Welche Vorteile bringt die Offenlegung der Vergütung in Stellenausschreibungen?
- Effizienzsteigerung im Recruiting-Prozess: Die Angabe des Gehalts von Anfang an ermöglicht es Bewerber:innen, die Passung einer Stelle ganzheitlich zu bewerten, ohne kostbare Zeit in langwierigen Bewerbungsgesprächen zu verschwenden. Unternehmen können ebenfalls von einer Reduzierung nicht passender Bewerbungen und unnötigen Interviews profitieren.
- Gleichberechtigte Verhandlungsposition: Gehaltstransparenz schafft eine ausgeglichene Verhandlungsbasis zwischen Arbeitgeber und Bewerber:in. Indem das Gehalt bereits in der Stellenanzeige genannt wird, können beide Seiten ihre Erwartungen und Vorstellungen klarer kommunizieren. Dies fördert eine fairere und transparentere Verhandlung über die Vergütung und verringert das Risiko von ungleicher Bezahlung aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder anderen Faktoren.
- Effektivität bei der Suche nach passenden Jobangeboten: Durch die frühzeitige Kenntnis des Gehalts in Stellenanzeigen können Jobsuchende gezielter nach Positionen suchen, die ihren finanziellen Bedürfnissen entsprechen. Dies spart Zeit und Mühe bei der Bewerbung auf Stellen, die nicht mit den Gehaltsvorstellungen übereinstimmen.
- Signalwirkung für Unternehmenskultur und -werte: Die Offenlegung von Gehaltsinformationen in Stellenanzeigen signalisiert Transparenz und Fairness seitens des Unternehmens. Dies kann dazu beitragen, dass talentierte Bewerber:innen, insbesondere solche mit einem Fokus auf Gleichberechtigung und Chancengleichheit, das Unternehmen als attraktiveren Arbeitgeber wahrnehmen.
Welche Nachteile ergeben sich möglicherweise aus der Gehaltsinformation?
- Flexibilität bei der Gehaltsverhandlung: Die Nichtangabe eines konkreten Gehaltsrahmens ermöglicht es Arbeitgebern, flexibel auf die individuellen Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen der Kandidat:innen einzugehen. Dies erlaubt Verhandlungsspielraum, um Gehälter entsprechend anzupassen und potenziell bessere Bewerber:innen anzuziehen.
- Vermeidung von unnötigen Konflikten im Team: Die Angabe eines bestimmten Gehaltsrahmens in Stellenanzeigen kann zu Spannungen und Unzufriedenheit unter den bestehenden Teammitgliedern führen. Wenn ein neuer Mitarbeitend oder eine neue Mitarbeiterin ein höheres Gehalt als die bisherigen Teammitglieder erhält, kann dies den Betriebsfrieden stören und zu Missgunst oder einer ungesunden Arbeitsatmosphäre führen.
- Berücksichtigung von individuellen Faktoren: Jede Position und jede:r Bewerber:in ist einzigartig, und verschiedene Faktoren können bei der Festlegung des Gehalts eine Rolle spielen. Dazu gehören das Potenzial der Kandidatin oder des Kandidaten, die spezifischen Anforderungen der Abteilung, das aktuelle Gehaltsniveau im Unternehmen und andere relevante Aspekte. Die Nichtangabe von Gehalt ermöglicht eine individuelle und differenzierte Betrachtung, um die bestmögliche Vergütung für alle Beteiligten zu finden.
- Vermeidung von vorzeitigen Annahmen und Unsicherheit: Wenn ein bestimmter Gehaltsrahmen angegeben wird, kann dies dazu führen, dass Bewerber:innen vorzeitig Annahmen über das tatsächliche Gehaltsangebot treffen. Dies kann zu unangenehmen Diskussionen und Verwirrung führen. Die Nichtangabe von Gehalt ermöglicht es Unternehmen, den Kandidat:innen die Möglichkeit zu geben, ihre Gehaltsvorstellungen im Rahmen des Bewerbungsprozesses zu äußern und auf individueller Basis zu verhandeln.
Wir bei MENOVIA sehen in der Vergütungsinformation in Jobausschreibungen mehr Vor- als Nachteile. Die Gehaltsangabe bringt unserer Meinung nach mehr Klarheit: Der Recruitingprozess wäre oftmals erheblich kürzer, wenn Kandidat:innen nicht erst zum Ende der Gespräche hin das Gehalt erfahren würden. Das ist wiederum auch ein Vorteil für die Unternehmen, die dabei Zeit und letztendlich Geld sparen.
Die Diskussion über die Angabe von Gehältern in Stellenanzeigen ist vielschichtig und kontrovers. Das Entgelttransparenzgesetz hat diese Debatte angestoßen und Unternehmen dazu gezwungen, ihre bisherige Zurückhaltung in Bezug auf Gehaltsinformationen zu überdenken.
Während Befürworter die Vorteile von Transparenz, Fairness und der Bekämpfung von Diskriminierung betonen, legen Gegner den Fokus auf mögliche negative Auswirkungen auf Verhandlungspositionen und Fixierung auf finanzielle Aspekte.
Um die bestmögliche Lösung für Ihr Unternehmen zu finden, sollten Sie verschiedene Faktoren berücksichtigen: Es ist wichtig, die eigenen Unternehmenswerte, die Zielgruppe der Stellenanzeige und die spezifischen Anforderungen der Position zu analysieren. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, Gehaltsangaben zu machen, um Transparenz und Attraktivität zu signalisieren. In anderen Situationen kann es jedoch vorteilhafter sein, die Gehaltsverhandlungen individuell zu gestalten.
Unabhängig von der Entscheidung zur Gehaltsangabe sollten Unternehmen jedoch stets bestrebt sein, faire und transparente Vergütungssysteme zu etablieren, um Diskriminierung zu vermeiden und eine positive Unternehmenskultur zu fördern. Alternative Maßnahmen wie transparente Vergütungsstrukturen innerhalb des Unternehmens oder die Möglichkeit, Gehaltsinformationen auf Anfrage bereitzustellen, können ebenfalls zur Gewährleistung von Gehaltstransparenz beitragen.
Letztendlich ist es entscheidend, eine ausgewogene Herangehensweise zu finden, die sowohl die Bedürfnisse des Unternehmens als auch die Erwartungen potenzieller Bewerber:innen berücksichtigt. Durch den offenen Dialog und die Berücksichtigung verschiedener Perspektiven können Unternehmen eine fundierte Entscheidung treffen, die zu einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten führt.